Was die Nachbarländer Deutschlands angeht, gab es bislang einen weißen Fleck auf
unserer Reise-Landkarte. Schweden hatten wir halbwegs absichtlich ausgelassen,
weil wir uns hier nur wenig motorradtechnisch reizvolle Strecken vorstellen
konnten. Unsere Erwartungen diesbezüglich wurden zwar bestätigt, aber
dafür bekamen wir jede Menge reizvolle Orte und Kultur zu sehen.
Bildergalerie
Wie bereits gewohnt, haben wir auch zu diesem Bericht wieder eine Reihe von Bildern aufbereitet,
die mit der Floatbox angesehen werden können. Einfach eines der Bilder
auf dieser Seite anklicken und man kann sich mit den Blättertasten durch
alle Fotos wühlen.
Einstieg
Vorwort
Richtigstellung: in unseren Überschriftzeilen mag es so klingen, als ob man in Schweden so
gar nichts ansprechendes zum Motorradfahren finden würde. Das ist natürlich (wie immer)
Geschmackssache. Tom, der uns abschnittweise begleitet hatte, gefällt Schweden sehr, weil
er hier lange, einsame Straßen und viel Ruhe findet.
Reisetagebuch
Nach anfänglichen Überlegungen, den Autozug bis Hamburg zu nehmen, entscheiden wir uns
schließlich doch wieder für die Autobahn und gabeln Tom in Leipzig auf. Für die
Zwischenübernachtung nutzen wir eine Finnhütte auf dem altbewährten
Camping Auensee,
dessen Gesamtqualität aber leider etwas abgenommen hat. Dafür sind wir am nächsten Tag
pünktlich an der
Fähre in Rostock und gegen 21 Uhr in
Trelleborg (ca. 75 Euro für 1 Person mit Moped). Es ist gerade noch genug Zeit, die Zelte
auf dem nahegelegenen
Dalabadets Camping
bei Tageslicht aufzubauen. Hier buchen wir gleich zwei Nächte, weil wir uns zunächst Malmö
intensiver ansehen wollen.
Die Westküste
Im Rahmen unserer minimalistischen Planung wollen wir uns in den ersten Tagen die Westküste
hinauf kämpfen. Unser erstes Highlight Malmö können wir dabei von Trelleborg aus problemlos
mit dem Bus erreichen, also lassen wir die Mopeds am Platz. In
Malmö
unternehmen wir einen
ausgedehnten Spaziergang vom Stadtzentrum zum
Turning Torso, einem um 90° verdrehten
Hochhaus und wieder zurück. Die quirlige Hafenstadt zeigt sich multikulturell und
freundlich. Besonders der Hang der Schweden zur türkischen Küche fällt uns hier gleich auf.
Es gibt Straßen, an denen sich Döner-Laden an Döner-Laden reiht. Wir essen gut und günstig
in einem italienischen Lokal. Zurück in Trelleborg machen wir noch eine nette Erfahrung: Busse
nehmen einen oft gratis mit. Nicht dass uns jetzt schon das Geld ausgegangen wäre, aber in
vielen Regionen Schwedens bekommt man Bustickets nur in Geschäften, nicht aber im Bus selbst.
Jedenfalls brauchen wird die 2 Kilometer zurück zum Campingplatz nicht zu laufen - sympathisch!
Auf der Weiterfahrt Richtung Norden machen wir in Lomma Halt, um der Fa.
Solectro
einen Besuch abzustatten. Solectro ist ein langjähriger Geschäftspartner von
JBG-Elektronik
(Christoph's Arbeitsstelle). Hier erfahren wir bei einer Besichtigungstour viele Details
über die
Lebensart der Schweden (Vielen Dank an Gerhard und Mattias Tetzlaff).
Einer Empfehlung von Gerhard folgend, ist unsere nächste Station
Sofiero. Das schnuckelige
Schlösschen gefällt uns sehr. Auch Gartenfans dürften hier auf ihre Kosten kommen, die rund 10000
Pflanzen umfassende Rhododendren-Sammlung ist in Europa einzigartig. Hierfür sollte man allerdings
idealerweise April oder Mai als Besuchszeit einplanen.
Abends treffen wir Tom in Halmstad auf Hagöns Camping
wieder. Hier hat man, wie auf einigen Campingplätzen in Schweden, eine komplett ausgestattete Küche
und Esszimmer zur Verfügung - nicht übel, vor allem wenn's grad regnet.
Für unser nächstes Zwischenziel Göteborg machen wir einen Abstecher in die kleine Ortschaft Ullared,
und das wegen einem einzelnen Kaufhaus. Das hat es allerdings in sich:
Gekås
ist das größte Kaufhaus in Nordeuropa - wir sind überwältigt, aber auch froh, als wir wieder draußen
sind. Ausbeute: 2 T-Shirts von guter Qualität zum Spottpreis.
Einen weiteren Stopp machen wir, um die
Festung Varberg
anzusehen. Nachdem die Wolken hier gerade mal ein paar Sonnenstrahlen durchlassen, gönnen wir uns
eine längere Pause bei Kaffee und Kuchen bei ungetrübter Aussicht auf das
Kattegat.
Recht spät treffen wir auf dem Campingplatz Krono,
im Süden von Göteborg ein. Etwas schmuddelig, sonst aber ok.
Göteborg
Die Mopeds bleiben auf dem Campingplatz, wir nehmen den Bus. Leider vergessen wir, Bustickets an der Rezeption
zu erwerben, doch der Busfahrer nimmt und wieder gratis mit. In der Stadt buchen wir eine Hop-On-Hop-Off-Tour für
150 Kronen (knapp 18 Euro) die wir gut auskosten. Viele Hobby-Kleinkünstler bereichern die wuselige Atmosphäre, hier
ist richtig was los. Zudem gibt es viele hübsche, historische Gebäude und Kirchen. Aber auch eine
riesige Einkaufspassage mit über 180 Läden lässt uns nicht schlecht staunen. Göteborg wirkt auf uns trotz
seiner fast 1 Million Einwohner irgendwie heimeliger als vergleichbar große Städte.
Ab durch die Mitte
Obwohl sich Astrid zwei Finger böse in einer Türe einklemmt, ziehen wir weiter Richtung Nordosten, quer durchs Land.
Mit nur einem kleinen Halt in
Skara
machen wird ordentlich Strecke
und erreichen abends Degerfors mit seinen lauschig gelegenen Campingplatz
Degernäs.
Tom, der Göteborg ausgelassen hatte, treffen wir hier auch wieder. Mangels offener Restaurants mampfen wir in
einer Imbissbude, dies aber ausgezeichnet.
Tags drauf geht's gleich weiter - wir wollen mit einer Übernachtung in
Mora bis nach Östersund vorstoßen.
Die Füße vertreten wir uns dabei im Freilichtmuseum Rättvik's Gammelgård, das uns aber eher enttäuscht. Die
Holzhäuschen kann man nur von außen bestaunen; dafür bekommen wir hier einen leckeren, ortstypischen Snack, dessen Namen wir
aber leider vergessen haben .
Der Platz in Mora begrüßt uns völlig versumpft - hier hat es mehrere Tage schwer geregnet, wohingegen wir wenigstens heute
mal trocken blieben. Nach angenehm kühler Nacht fahren wir weiter auf der E45 bis Sveg, wo wir uns im
Sibylla-Imbiss
die Bäuche vollschlagen. Ein Angestellter (auch Biker) gibt uns den Tipp, für die Weiterfahrt nach Norden die
Straße 515 zu nehmen, was wir dann auch tun. Die Empfehlung beschert uns den geografischen Höhepunkt der Urlaubs,
einen gut
700 Meter hohen Pass,
ansonsten ist alles wie gewohnt. Östersund empfängt uns schließlich mit Regenschauern, doch abends kommt die
Sonne raus und wir können unter freiem Himmel speisen. Östersund
ist nicht nur der nördlichste Punkt unserer Tour, wir wollen hier auch das »Jamtli-Museum« besuchen, eines der größten
Freilichtmuseen des Landes. Die Ausstellung führt durch mehrere Jahrhunderte der Geschichte Schwedens und ist
absolut sehenswert. In und um die Bauten agieren viele Schauspieler, welche die Kulissen mit Leben füllen und alles
hier noch authentischer wirken lassen. Wir bummeln mehrere Stunden über das riesige Gelände und schießen zahlreiche Fotos.
Anschließend sind wir so platt, dass wir uns bei einem Bierchen in Östersund ausruhen müssen. Ganz nebenbei haben Tom und
ich uns in den letzten Tagen nervige Erkältungen eingefangen, also lassen wir den Tag ausklingen und gehen früh schlafen,
nicht zuletzt wegen der gesunkenen Temperatur.
Rückzug an die Ostsee
Schweden ist etwas größer als Deutschland, hat aber nur nur ca. ein Viertel der Bevölkerung, von denen wiederum der weitaus
größte Teil im Süden wohnt. Das kommt nicht von ungefähr, denn der Norden ist deutlich rauer, feuchter und natürlich im Winter
auch dunkler. Tom trennt sich nun von uns, denn er will noch mehr Stille und Einsamkeit aufsaugen - Astrid und ich ziehen
ostwärts.
Mit dem nächsten Großziel Stockholm im Kopf machen wir Zwischenstation im quirligen Hafenstädtchen
Sundsvall.
Es ist aber noch zu früh, um Quartier zu beziehen, also fahren wir noch etwas weiter, der Küste entlang,
von der man aber leider so gut wie nichts sieht. In Hudiksvall suchen wir dann aber vergeblich nach einem
Camping, der noch Platz für uns hätte. Erst einige km weiter südlich bei Iggesund haben wir Glück.
Am folgenden Tag zieht es uns vollends nach Stockholm. Deshalb nehmen wir die gut ausgebaute E4/E4S auf der man
abschnittweise sogar 120 km/h fahren darf. Endlich in Stockholm angekommen beginnt eine echte Odyssee mit der Suche
nach einem Campingplatz. Zwei Plätze aus der Garmin-Datenbank sind schlicht nicht vorhanden, weitere 2 sind nicht
für Zelte geeignet. Erst ca. 10 km vom Stadtzentrum entfernt werden wir fündig; es ist allerdings ein Arbeitercamping,
aber das ist auch mal eine interessante Erfahrung. Vorsicht Moskitos!
Stockholm
Wir fahren mit Bus und U-Bahn ins Stadtzentrum (selbstverständlich mit Tickets ).
Die Stadt wirkt deutlich geschäftiger als Göteborg, irgendwie nicht ganz so freundlich. Nach alter
Manier besorgen wir uns ein Hop-On-Hop-Off-Ticket (220 Kronen) und lassen uns erst mal kreuz und quer durch
die Innenstadt kutschieren. Nach 1,5 Runden besuchen wir das
Vasa-Museum:
genial! Nichts, was man verpassen
sollte! Danach fahren wir wieder eine Runde und bummeln ausgiebig in der Innenstadt. Alle sind extrem busy hier.
Wir essen italienisch, lassen den Tag dann aber am Campingplatz ausklingen. Es gäbe (wie immer) noch jede Menge
zu besichtigen, aber dafür bräuchte man mehrere Tage. Die wollen wir aber nicht opfern.
Dafür drehen wir lieber am nächsten Tag eine (kleine) Runde um den Mälaren, den See im Westen von Stockholm, und
besuchen
Schloß Gripsholm.
Hier gibt's eine riesige Sammlung an Gemälden alter (ne, adliger) Schweden. Wir lassen lieber das Bauwerk an sich auf
uns wirken. Danach machen wir noch einen Stopp in Enköping, wo wir einen Snack einnehmen und eine neugierige
Rabenfamilie füttern (netter Zeitvertreib). Bei der Rückfahrt geraten wir vor Stockholm sogar noch in einen Stau - auch
so was gibt's in Schweden.
Nachts beginnt es dann kräftig zu regnen (wir büßen die Hitze des Tages). Wir frühstücken demnach im Zelt und bauen
unseren Palast nass ab.
Tendenz Richtung Heimat
Obwohl meine Erkältung fast verschwunden ist und wir eigentlich noch genug Zeit haben, zieht es uns Richtung
Heimat. Als Zwischenziel auf dem Weg nach Trelleborg wollen wir aber noch in Jönköping Station machen. Während der
Fahrt dorthin wird das Wetter zusehends besser und das Zelt ist nach dem Aufbau ruck-zuck wieder trocken.
Das Streichholzmuseum, das wir uns in Jönköping ansehen wollen, hat aber leider seine Pforten für heute schon geschlossen.
Also machen wir eine kurze Stadtbesichtigung: nett hier, aber etwas 'nüchtern'.
Das mit dem
Streichholzmuseum
holen wir gleich am nächsten Morgen nach. Die Exponate sind wirklich liebevoll präsentiert und
es bleibt keine Facette der Streichholzproduktion unbeleuchtet. Ein Jammer, wenn wir
das hier ausgelassen hätten.
Dann geht aber alles ganz schnell. Wir wollen in Trelleborg eine Übernachtung einlegen, dann die
Fähre am nächsten Morgen nehmen und in Deutschland so weit fahren, wie die Laune reicht. Doch
in Trelleborg erfahren wir, dass ausgerechnet montags keine Frühfähre nach Rostock geht. Also
nehmen wir kurzerhand die Spätfähre, pennen auf dem Schiff in Pullmannsitzen und starten um 6:00
Uhr mit den Mopeds in Rostock. Nach 940 km und 12 Stunden sind wir wieder zuhause. Puh.
Fazit
Irgendwie sind wir ein wenig enttäuscht von Schweden. Das liegt aber absolut nicht am Land und
schon gar nicht an den Schweden - es liegt an uns. Wir wollten Spaß beim Motorradfahren haben und
sind nach Schweden aufgebrochen, obwohl wir wussten, dass wir das Gesuchte dort nicht finden. Wenn
wir aber mal zusammenzählen, was wir alles gesehen und erlebt haben, so war das doch ein schöner
Urlaub.
Kartenmaterial, Track
Als Reiseführer hatten wir uns einen "Baedeker Allianz Reiseführer Schweden" zugelegt, der uns zusammen mit der
beiliegenden Karte gute Dienste geleistet hat. Eine gut auflösende Karte von Südschweden (Kümmerly & Frey) konnten
wir nur kurz einsetzen, weil ganz einfach zu wenig drauf war. Man sollte die Entfernungen in Schweden nicht unterschätzen,
Karten mit 250.000er-Maßstab müsste man gleich stapelweise mitnehmen, um das ganze Land abzudecken.
Track
Nachdem wir kaum Einzeltouren gefahren sind, haben wir diesmal nur einen Track mit der Gesamtstrecke in Schweden:
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