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Schlösser, Burgen, schiefe Häuser
Die weißen Flecke auf unserer Reise-Landkarte zu füllen, das war erklärtes Ziel in diesem
Jahr. England bot sich an, weil im Norden (nicht so heiß) und weil wir noch keine
Erfahrungen mit dem Südteil der britischen Hauptinsel hatten. Ein Brexit war zu Beginn
der Planung noch nicht in Sicht.
Wie kommt man nach England?
Naja, durch Fleißarbeit! Und das bedeutet in unserem Fall: Autobahn.
Zum Glück gibt es aber ein nettes Nachbarland, in dem die Autobahn-Benutzung zwar etwas
kostet, die Piste dafür aber relativ stressfrei befahrbar ist. Allerdings ist die Beschattung der
Straße noch nicht ganz fertig gestellt und so freuen wir uns, nach ca. 650 km und über 30 Grad
das hübsche B&B-Hotel in Lens (Nähe Lille) zu erreichen, das wir im Voraus gebucht haben. Das
Vorabbuchen sollte sich dann auch wie ein roter Faden durch den ganzen Urlaub ziehen, denn wir
sind ohne Camping-Ausrüstung unterwegs und die Unterkünfte in England sollte man nicht zufällig
aussuchen - soviel wissen wir jedenfalls nach Abschluss der Tour. Jedenfalls sind wir zeitig am
Zwischenziel und fallen nach einem gemütlichen Abendessen in die Betten - nicht einmal das
Fußball-EM-Finale hält uns die Augen offen.
Die restliche Strecke bis Calais beträgt nur noch gut 100 km, die schaffen wir trotz magerem
Frühstück mit links. Dafür ist die Überfahrt nach Dover etwas unruhig - vielleicht war das mit dem
spärlichen Frühstück gar nicht so schlecht. Mit einer Stunde Guthaben durch die (irgendwie
unsinnige) Zeitverschiebung erleben wir einen sonnigen
Nachmittag in Dover. An den Linksverkehr gewöhnen wir uns schnell (es ist ja nicht das erste mal)
aber im Hostel lassen sie uns nicht vor 15 Uhr auf's Zimmer. Das bedeutet, wir können uns nicht
umziehen und deshalb lassen wir gleich unsere erste geplante Besichtigung aus, die Dover Castle
gewesen wäre. Wenigstens gibt es aus der lebhaften Stadt schöne Blicke auf den Burghügel, die wir
situationsbedingt bei einen leckeren, englischen Bier genießen.
Als wir am späteren Nachmittag unser Hostelzimmer beziehen sind wir erst mal beeindruckt,
allerdings negativ: Alles sau-eng, Schimmel- und Farbgeruch überall, 110% Luftfeuchtigkeit, ein
winziges Fenster und ein defektes Rollo, das die Straßenlaterne vor dem Haus auf's Bett
durchlässt - kurz - unser Spardrang (50 Pfund für das Doppelzimmer) rächt sich. Dafür ist das
Frühstück erträglich und wir kommen relativ früh los Richtung Canterbury. Die Fahrt nach eigenen
Präferenzen (mein altes 278er-Garmin sucht dabei vorzugsweise Nebenstrecken) führt uns über
teils abenteuerlich enge Single-Tracks mit meterhohen Hecken auf beiden Seiten, teils auf langen
Waldstrecken. Also eigentlich sehen wir so gut wie nichts von der Landschaft, doch wir
brauchen fast eine Stunde für die nur 30 km lange Strecke.
In Canterbury schlendern wir durch die hübschen und oft sehr
engen Gassen, bis wir die Kathedrale erreichen, die wir
eigentlich ansehen wollen. Doch 12 Pfund pro Nase sind uns für
eine Kirchenbesichtigung dann aber zu heftig. Wir
entpuppen uns als echte Schwaben - an die englischen Preise
scheinen wir uns erst noch gewöhnen zu müssen. Von
außerhalb der Mauern ist die Kathedrale aber ohne
Kletteraktionen nur halb zu sehen. Sei's drum, es kommen noch
andere Bauwerke, und das sogar recht bald, denn unsere
nächste Station ist das Wasserschloss Leeds Castle. Und das
wollen wir nun wirklich sehen, trotz 24,50 Pfund Eintritt - hier hätten wir auch wirklich etwas
verpasst. Die über 1000 Jahre alte Anlage ist heute ein Erholungszentrum, uns bietet das liebevoll
hergerichtete Schloss jedoch Einblicke in die verschiedenen Lebensstiele der zahlreichen Besitzer.
Es gibt Fotomotive zuhauf, sowohl in den Zimmern, wie auch im Außenbereich. Dort erreichen uns
dann auch die ersten Regentropfen, die sich in kurzer Zeit zu einem beachtlichen Wolkenbruch
zusammentun. Wir verbringen eine Zwangspause unter einem Sonnenschirm im Kassenbereich und
naschen eine Schale (rekordverdächtig leckerer) Erdbeeren. Leider verlieren wir so eine gute
Stunde und unser letztes Plan-Zwischenziel für heute, Ightham Mote, hat bereits geschlossen.
Also fahren wir weiter auf herrlich holprigen aber durchwegs geteerten Sträßchen Richtung
Sevenoaks, wo wir zwei Übernachtungen im Moorings Hotel gebucht haben. Das ist schon
deutlich besser als das Alma (kostet ja auch immerhin schon 70 Pfund pro Nacht), ist aber in
Bezug auf Komfort noch deutlich steigerungsfähig. Hinzu kommt, dass der ca. 1 km lange Weg
zum Stadtzentrum einen kräftigen Anstieg beinhaltet. Wir entlohnen uns mit einem Besuch der
Pizzeria Zizzi - man soll ja die lokalen Spezialitäten versuchen; klingt jetzt zuerst etwas ironisch,
aber wer hat schon mal eine Pizza mit Ziegenkäse und karamellisiertem Essig verkostet? Das ist
dann doch schon wieder ziemlich Englisch .
Den dritten Tag auf der Insel beginnen wir mit
einem Besuch von Chartwell House. Der ehemalige
Landsitz von Sir Winston Churchill öffnet seine
Pforten allerdings erst um 11 Uhr, wir sind eine
Stunde zu früh. Die wunderbaren Gartenanlagen
rund um das Haus lassen die Zeit jedoch schnell
vergehen. Als wir dann rein dürfen sind wir von den
Räumlichkeiten, in denen das Fotografieren leider
verboten ist, sehr angetan. Es wirkt, als ob die
Besitzer gerade noch da waren, so liebevoll und
detailreich ist hier alles ausgestattet. Gerade weil
Chartwell kein Schloss ist, kann man sich gut vorstellen,
wie der große Staatsmann mit seiner Familie hier gelebt hat. Hier können wir übrigens auch
erstmalig unsere National Trust Mitgliedschaft auskosten, die wir extra für diese Reise erworben
haben. Leider gehört schon unser nächstes Ziel, Hever Castle, nicht zum Bestand des National
Trust, aber wir bezahlen die 16 Pfund Eintritt gerne, denn auch Hever Castle ist eine sehenswerte
Anlage. Allein schon die kunstvoll geschnittenen Sträucher sind außergewöhnlich. Trotzdem
bringen wir die Besichtigung relativ schnell hinter uns, setzen uns gemütlich ins Gartencafé und
genießen ein Sandwich. Es sieht schwer nach Regen aus, doch es bleibt trocken und wir machen
noch einen kleinen Ausflug nach Tunbridge Wells, einem Kurort mit quirligem Stadtkern. Hier
trinken wir ein Tässchen Tee und beobachten die Passanten - Astrid findet, dass ein Großteil der
Engländer relativ schlecht angezogen ist. Erst recht spät kommen wir zurück ins Hotel, nehmen eine
Dusche und ziehen wieder in die Stadt zum Abendessen. Den besagten kräftigen Anstieg wollen
wir diesmal mit einer Busfahrt erleichtern und fragen einfach einen parkenden Busfahrer. Der
nimmt uns, für ein kleines Trinkgeld, bei einer Leerfahrt mit ins Stadtzentrum und empfiehlt uns
gleich noch ein gutes und günstiges Lokal. Wir fühlen uns als Touristen hier echt wohl.
Unser nächstes Zwischenziel ist Marlborough und nein, nicht um Zigaretten zu kaufen. Wir haben
uns die kleine Stadt hauptsächlich wegen der Nähe zu Avebury ausgesucht. Die Streckenwahl
überlassen wir mal wieder dem 278er Garmin, was uns eine sehr abwechslungsreiche Kombination
aus Single-Tracks bis hin zur Autobahn beschert. Es ist relativ kühl und wir werden sogar
zwischenzeitlich etwas nass, aber es würde uns fern liegen, uns über das Wetter zu beklagen, wir
wollten es ja so. In Marlborough angekommen suchen wir zunächst nach dem Bear-Hotel. Ein
netter Herr erklärt uns, dass wir soeben daran vorbei gefahren sind und dass er auch eine BWM
sein Eigen nennt und dass er gegen den Brexit gestimmt hat - soll noch einer sagen, die
Engländer seien verschlossen. Das von außen recht ansprechende Hotel hat bzgl. innerer Werte
die besten Zeiten schon hinter sich:
Etagendusche, Toilette ein Stock tiefer.
Doch das Zimmer ist sauber und nett
eingerichtet - wir denken positiv. Nachdem
noch einiges vom Tag übrig ist, machen wir
mit der 12er einen Ausflug nach Avebury,
das uns aber irgendwie enttäuscht - den
riesigen Kreis aus einzelnen Steinen bekommt
man (natürlich) immer nur bruchstückhaft zu
sehen. Unser Programm besteht dann auch
nur aus ein paar Fotos, einem Kaffee und der
Rückfahrt nach Marlborough.
Die Sehnsucht nach etwas Abwechslung zur relativ eintönigen Landschaft südwestlich von
London treibt uns an, tags darauf bis nach Bristol zu fahren. Ok, das sind gerade mal gut 90 km,
weswegen wir auch noch genug Zeit haben, einen Schwenk nach Süden zu machen und durch
die Cheddar Gorge zu fahren. Hübsch hier! Zwar kein Vergleich zu den
Gorges in Südfrankreich, aber für südenglische Verhältnisse durchaus
sehenswert. Für den Mittagstee suchen wir uns die Ortschaft Wells aus,
weil es hier, laut Reiseführer, auch eine Kathedrale geben soll. Leider
nieselt es leicht und die Temperatur lässt auch zu wünschen übrig, also
konzentrieren wir uns auf Tee und Kuchen und lassen die Kathedrale,
Kathedrale sein. Dafür kommen wir schon vor 16 Uhr am kleinen B&B in
Winford (ca. 10 km südlich von Bristol) an, aber wir werden bereits
erwartet. Die Dame des Hauses hat uns per SMS kontaktiert und wir
können gleich ins Zimmer. 160 Pfund für zwei Nächte aber nur ein kaltes
Frühstück auf dem Zimmer - doch wir wollen nicht klagen, Zimmer und
Bad sind geräumig und sehr gepflegt. Das Highlight des Tages bildet
aber der Pub "The Prince of Waterloo", der gerade um die Ecke liegt und
in dem wir ausgezeichnet und gemütlich essen.
Am nächsten Morgen ist der Himmel immer noch verhangen und es
nieselt wieder, dabei wollten wir in Straßenklamotten und per Bus in die Stadt. Aber wir scheitern
schon am Bus, den es hier nicht zu geben scheint, und das in nur 10 km Entfernung zur
Großstadt. Schwach! Doch ein Alternativprogramm ist schnell gefunden, wir fahren über Bath
(hässlich) nach Bradford-on-Avon, allein schon wegen des schönen Namens. Bradford ist ein
wirklich hübsches und quirliges Städtchen, allerdings fehlt uns die Laune zum Bummeln und wir
fahren, einen Tee später, weiter nach Bristol zur Clifton Suspension Bridge (klasse Fotomotiv) und
dann weiter zum
Blaise Castle Gelände,
wo wir einen, für
unsere Verhältnisse , ausgedehnten Spaziergang
machen. Es ist schon beinahe 14 Uhr, als wir uns entschließen,
doch noch ins Stadtzentrum vorzudringen. Das ist auch
eine gute Idee, denn hier ist beim Harbour Festival
richtig was los. Musik an jeder Ecke und Leute über Leute. Wir fühlen uns wohl, schlendern durch das Hafenviertel und genießen die Sonne, die sich nun doch noch zeigt.
Und die Sonne bleibt uns auch am Folgetag treu, den wir zur Weiterfahrt nach Newquay nutzen.
Die Nebenstraßen über Minehead und Barnstaple, Richtung Cornwall, machen wieder richtig
Laune. Es gibt nun mehr freie Sicht auf die Landschaft und einige hübsche Bergstrecken, die bis
über 400 Meter hinausführen. Außer den obligatorischen Tee-Stopps machen wir nur Halt bei
Tintagel Castle
(Bilder),
wo wir allerdings nur die beeindruckende Felslandschaft bewundern. Nach
gut 250 km erreichen wir bei feucht-warmem Wetter das alt-ehrwürdige Hotel Victoria in
Newquay. Nebel zieht auf und taucht die kleine Stadt in ein faszinierende Lichtstimmung.
Wir haben schon Befürchtungen, dass das Wetter nachhaltig umschlägt, doch am nächsten
Morgen ist alles wie weggeblasen und wir machen uns bei blauem Himmel auf den Weg Richtung
Land's End. Auf der Strecke machen wir zunächst Halt bei der Healeys Cornish Cider Farm und
buchen die große Führung. Außer der Produktion kann
man hier ein kleines aber feines Museum ansehen, das
Informationen zur historischen Ciderherstellung liefert.
Und zum Abschluss gibt es natürlich eine Verkostung.
Für den nächsten Stopp haben wir uns die East Pole
Kupfermine in Redruth ausgesucht, stehen dort allerdings
vor verschlossenen Türen. Alternativ wollen wir zum
Geevor Tin Mine Museum, haben aber die Rechnung ohne
die Mittagssonne und die Lage der Mine an der steilen
Küste gemacht. Wir kapitulieren vor dem beschwerlichen Ab- und Aufstieg und bestellen uns
ersatzweise mal wieder T42 (Tea for two) im Visitor center. Endlich in Land's End angekommen
gönnen wir uns eine ausgedehnte Pause und genießen den Anblick der schroffen Klippen vor
strahlend blauem Himmel. Wir haben den westlichsten Punkt unserer Reise erreicht.
Und wieder geht's nach Osten
Als wir uns von Land's End verabschieden ist es bereits nach 15 Uhr, trotzdem legen wir noch
einen kurzen Fotostopp bei St. Michael's Mount ein. Dafür kommen wir in der Gegend um
St. Austell in die Rush Hour und braten bei über 30°C und
Schrittgeschwindigkeit vor uns hin. Wer hätte gedacht, dass man in
England überhitzen kann. Im rettenden B&B Ragstones werden wir mit
kühlen Getränken empfangen. Das sehr empfehlenswerte B&B hat nur einen
Nachteil: der Weg zum nächsten Pub schließt einen 5 Kilometer-
Spaziergang ein, der uns aber heute Abend durchaus gelegen kommt.
Beim ausgedehnten und reichhaltigen Frühstück quatschen wir noch eine
ganze Weile mit Jacqui, der Gastgeberin, bevor wir gegen 10 Uhr Richtung
Salisbury aufbrechen. Heute wollen wir wieder Strecke machen. Vorbei an
Plymouth und Exeter lassen wir uns für eine Zwischenübernachtung im
kleinen Colyton nieder. Der einzige Sightsee-Stopp ist dabei
Compton Castle, einem befestigten Herrenhaus, das aber keine echten Highlights
hergibt (wir sind schon ein wenig verwöhnt, mittlerweile). Das Highlight des Tages ist dafür das
White Cottage B&B Hotel, ein liebevoll restauriertes Landhaus aus dem 15 Jahrhundert. Wände
und Böden sind schief und schepps aber tip-top hergerichtet und die Ausstattung ist auf dem
neuesten Stand - die schönste Unterkunft dieses Urlaubs. Und zum Pub sind es nur wenige Meter.
Irgendwie scheinen wir es (wieder mal) eilig zu haben, denn mit der nächsten Tagesetappe landen
wir schon in Salisbury. Eigentlich wollen wir uns für die gut 130 km viel Zeit lassen, aber alle
Ortsdurchfahrten sind notorisch verstopft. Bald haben wir den Kanal voll und biegen auf
schnellere Straßen ab, was uns die Möglichkeit gibt, in Dorchester einen längeren Stopp mit
Cream Tea zu machen. Boah, stopft das Zeugs, aber lecker ist es eben auch. Danach sehnen wir
uns nach etwas Bewegung, die wir in Max Gate, dem früheren Wohnsitz des Schriftstellers
Thomas Hardy realisieren. Dieses hübsche Landhaus ist
einen Abstecher wert, denn es versetzt einen durch die
detailreiche Ausstattung um 100 Jahre zurück. Trotz der
Bummelei erreichen wir Salisbury bereits zu früher Stunde
und haben noch Zeit, Mompesson House zu besichtigen
sowie eine Runde in der berühmten Kathedrale zu drehen.
Mompesson House ist ein Stadthaus aus dem 18'ten
Jahrhundert, in direkter Nachbarschaft zur Kathedrale, und
im Queen Anne Stil erbaut. Hier kann man unter anderem
sehen, wie die Engländer zu dieser Zeit optisch mogelten,
um das Haus größer wirken zu lassen, echt
sehenswert. Die Kathedrale ist dann aber
doch der Höhepunkt des Tages: ein
gigantisches und wunderschönes Bauwerk.
Wir lassen unsere Blicke schweifen und lauschen einem Gastchor aus San Francisco,
der gerade probt.
Im Gegensatz dazu ist das B&B-Hotel "White Lodge" mit Etagendusche und -Toilette
eher eine Enttäuschung, aber wenigstens ist unser Zimmer recht geräumig.
Immerhin wollen wir es hier wieder zwei Nächte
aushalten und einen Tag ohne Gepäck fahren. Für den Besuch von Stonehenge und Southampton
lassen wir die 800er stehen und fahren in Straßenkleidung - das ist der Hitze geschuldet. Ja
wirklich, es sollen heute schon wieder über 30 Grad werden, und Sightseeing mit Mopedklamotten
ist dabei immer recht lästig. Für Stonehenge haben wir schon 2 Tage im Voraus online
Zeit-Tickets gekauft, was die Garantie bieten soll,
am Wunschtag auch wirklich auf die Anlage zu kommen. An der Tageskasse ist dann auch
ziemlich viel los, aber es muss wohl keiner draußen bleiben - wie auch immer, wir dürfen
pünktlich rein. Und es ist echt faszinierend: oft haben wir die Steinformation
schon auf Fotos und Bildschirmen bewundert, aber davor zu stehen und alles mit eigenen
Augen zu sehen, ist einfach etwas anderes. Nach über einer halben Stunde und zahllosen
Fotos treten wir den Rückzug an, drehen aber noch eine Runde im Besucherzentrum, um die
interessanten Ausstellungen anzusehen. Dann machen wir uns, nach wie vor in Zivil, auf
den 70 km langen Weg nach Southampton, wo wir zunächst nach dem Titanic-Museum suchen,
das es unter diesem Namen natürlich nicht gibt. Im SeaCity Museum werden wir dann aber
fündig und schlendern fast 2 Stunden durch die extrem gut gemachte Ausstellung,
die technisch auf dem neuesten Stand ist. Hier erfährt man nicht nur viele Details
über die Titanic selbst, sondern auch über das Leben in Südengland zur damaligen
Zeit - sehr empfehlenswert! Den anschließenden Stadtbummel lassen wir etwas kürzer ausfallen,
nachdem wir ein paar aufziehende Gewitterwolken bemerken, doch wir haben Glück und bleiben
bei der Rückfahrt trocken. Am zweiten Abend in Salisbury haben wir bei der Wahl des Restaurants
kein glückliches Händchen: für den kleinen Hunger suchen wir uns ein kleines asiatisches Lokal mit
Take-Away aus, aber das Essen ist hier sehr gewöhnungsbedürftig.
Bevor es langweilig wird zieht es uns weiter Richtung Osten. Unsere letzte Station liegt
in Brompton bei Gillingham, das bereits wieder zur Grafschaft Kent gehört und auch hier wollen wir
wieder 2 Nächte bleiben. Weil wir noch etwas mehr von der Südküste sehen wollen, machen wir
einen Schwenk über Chichester bis Brighton und kehren für eine Teepause im quirligen Bognor
Regis ein. Der weitere Weg in Küstennähe ist stark von Industrie
geprägt und erscheint uns nicht sonderlich attraktiv. Also drehen wir,
auch des immensen Verkehrs wegen, bald nach Norden ab und überlassen
das Seebad Brighton den Engländern, wissend, dass wir
hier vielleicht ein Highlight verpassen. Den zweiten längeren Stopp
haben wir auf dem Museums-Bauernhof Saddlecombe eingeplant,
den wir sicherlich übersehen hätten, wenn er nicht beim
National-Trust gelistet wäre. Hübsch ist es hier, aber nur wenig spektakulär,
also fahren wir nach einem Snack weiter Richtung Brompton, wo wir zunächst verzweifelt
die Hotel-Adresse suchen - unsere Navis sind uns dabei eher keine Hilfe, erst mit
mehrmaligem Nachfragen kommen wir ans Ziel. Im Zimmer ist es unerträglich warm, was
uns beizeiten zur Pub-Suche treibt, die beim The King George V glücklich endet, wo
es uns sehr gut gefällt, vielleicht auch, weil es hier eine Malt-Whisky-Society gibt.
Tags drauf, es ist wieder heftig warm, entschließen wir
uns nochmals dazu, die Schutzkleidung im Hotel zu
lassen, denn wir wollen nur wenige Kilometer fahren und Scotney und Bodiam Castle ansehen.
Diese beidem Schlösser könnten unterschiedlicher nicht sein:
Scotney Castle ist eher ein Landhaus, das noch bis
2006 bewohnt war und dementsprechend authentisch
wirkt. Bodiam Castle dagegen ist eine märchenhaft
schöne Burgruine, die von außen nahezu unversehrt,
im Inneren aber stark zerstört ist. Wir genießen beide
Besuche bei strahlendem Sonnenschein und pendeln anschließend ohne Stress zurück
Richtung Hotel. Und wir erledigen auch noch einen Einkauf in einem Superstore, was
mittlerweile ein Pflicht-Programmpunkt unserer Urlaube geworden ist. Irgendwie geht
es hier beim Einkaufen gelassener zu, als wir es aus Deutschland gewohnt sind.
In den Abend-Nachrichten hören wir dann vom furchtbaren Terror-Anschlag in Nizza und den
Auswirkungen auf die Grenzkontrollen zwischen England und Frankreich. Es gibt Wartezeiten bis
zu 14 Stunden, die die Leute teils auf den Autobahnen zubringen, und das bei dieser Hitze. Wir
stehen am nächsten Morgen bereits um 6 Uhr auf, decken uns mit soviel Wasser ein, wie in die
Koffer passt und machen uns auf den 70 km langen Weg nach Dover. Mit etwas Glück gelangen
wir beinahe unbehindert bis zum Hafen, hängen dort aber fast 3 Stunden fest, bis wir auf der
Fähre sind, dies allerdings auch wegen unserer Einschätzung, man könnte hier bei DFDS jederzeit
Tickets erwerben. Nein, das geht nur per Voraus-Buchung. Nachdem wir eine wirre Runde im
Fährhafen gedreht haben, erstehen wir bei P&O zwei Tickets, allerdings zum doppelten Preis der
Hinfahrt - ärgerlich. Gegen 16 Uhr Ortszeit sind wir endlich in Calais, haben aber noch genügend
Power und Heimweh, um die 720 km bis nach Hause anzugehen. Und siehe da, kurz nach
Mitternacht fahren wir im Eschachpark vor.
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Kartenmaterial, Tracks
Neben Informationen aus dem Internet, haben wir uns den kleinen Reiseführer von Marco Polo
»Cornwall, Südengland (ISBN 978-3-8297-2620-7) zugelegt, der auch eine halbwegs brauchbare
Übersichtskarte 1:770.000 enthält. Die Marco Polo Reiseführer sind zwar nicht gerade detailreich,
durch die Fixierung auf genau den Bereich, der für uns interessant war, hat das aber ausgereicht.
Über mangelnde Aktualität der Daten konnten wir uns nicht beklagen. Zusätzlich habe ich mir Offline-Karten
von Google Maps auf Handy geladen, um den Datenverbrauch während der Reise zu verringern.
Tracks
Mehrzahl diesmal Fehlanzeige, ich habe alles in einen Track zusammengefasst:
• Rundfahrt Südengland 2016
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© 2016 Christoph und Astrid Dexheimer, http://www.ChDex.de
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