Manche Reisen muss man nicht mit dem Motorrad... ach nein, dass hatten wir
schon.
Diesmal allerdings noch zutreffender: Usbekistan mit dem (eigenen) Motorrad
wäre schon ein Wagnis. Es ist weit weg, man kommt schwer rein (wenig-
stens mit dem eigenen Fahrzeug) und es ist reichlich heiß
(wenigstens im Sommer)
Und so haben wir uns wieder zu einer geführten Reise mit Flugzeug, Bahn und Bus entschieden.
Der Reisezeitpunkt in Frühjahr war gut gewählt, denn schon wenige Wochen später wird es in
Usbekistan für Mitteleuropäer unerträglich heiß. Der Reiseanbieter
Globalis Erlebnisreisen hatte uns gut informiert und
die Visa und Einreiseformulare rechtzeitig organisiert.
Bildergalerie
Wie bei den Berichten von unseren Motorrad-Touren, haben wir eine Reihe von Bildern
zusammengestellt, die man mit der Floatbox ansehen kann. Einfach eines der Bilder
auf dieser Seite anklicken und man kann sich mit den Blättertasten durch
alle Fotos wühlen. Dies ist der erste Bericht mit Bildern von der (neuen) DSLR.
Einstieg
Reisetagebuch
Am Nachmittag des 29.04. machen wir uns ganz gemütlich mit dem Bummelzug auf den Weg zum
Stuttgarter Flughafen. Unser Flieger nach Istanbul geht erst um 18 Uhr. Zusammen mit 3 Stunden
Zeitverschiebung kommen wir gegen 6 Uhr am nächsten Morgen in
Taschkent an und natürlich
sind wir heftig unausgeschlafen.
Die erste Hürde besteht darin, den Flughafen zu verlassen: Zuerst
klemmt es an der Gepäckausgabe dann an der Zollabfertigung[1].
Doch gegen 8 Uhr sitzen wir schließlich im bequemen Reisebus, der uns ins Hotel bringen soll. Hier
lernen wir auch den Reiseleiter Dilshod und unsere Reisegefährten kennen - die Gruppe besteht aus gerade
mal 8 Personen, und die scheinen alle ganz erträglich zu sein.
Sogleich tauschen wir stapelweise Geld um, genauer gesagt 100 Euro in 300.000 So'm (sprich "Sum"),
ein guter Kurs. Nach Bezug der sehr gut ausgestatteten und sauberen Zimmer und einem kurzen Snack
geht es gleich mit dem Besichtigungsprogramm los. Tja, das wird kein Erholungsurlaub.
Die Führung durch das Zentrum von Taschkent bringt uns zum Staunen. Wunderschön angelegte Parks und
Alleen, gepflegte Wege und Straßen mit zahlreichen Grünflächen, alles sehr vertraut und westlich
geprägt - wir hatten es uns deutlich orientalischer
vorgestellt. Die Regierungsgebäude, Hochschulen und Theater, die wir sehen, würden auch in einer europäischen Stadt nicht auffallen. Das liegt
sicher auch ein gutes Stück weit daran, dass Taschkent nach einem schweren Erdbeben 1966 neu
aufgebaut wurde. Erst die beiden Medrese (Koranschulen), die wir besichtigen, geben uns dann
doch das Gefühl, in einem islamischen Land zu sein. Nach dem Besuch eines großen Bazars sind wir uns
dessen dann sicher.
Um dem Untertitel der Reise "Unterwegs auf der Seidenstraße" gerecht zu werden, geht es bereits am
nächsten Morgen mit dem Zug weiter nach Samarkand. Der Schnellzug "Afrosiab", den wir laut Planung
nehmen sollen, wurde allerdings kurzfristig für offizielle Zwecke benötigt und wir fahren mit einem
langsameren Zug - so zieht die hübsche, grün-braune Landschaft mit Bergen im Hintergrund nicht so schnell
vorbei, das hat auch seine Vorteile.
In Samarkand geht der Besichtigungsmarathon gleich mit der Totenstadt Shai-i Sinda weiter. Die
Vielzahl der der gut erhaltenen und gepflegten Mausoleen ist faszinierend. Auch unsere Mitreisenen, die
teils bereits in islamischen Ländern unterwegs waren, sind tief beeindruckt.
Gleich im Anschluss fahren wir zum Observatorium des Astronomen und Fürsten
Ulugh Beg aus dem 15. Jahrhundert.
Die Ausgrabungsstätte, die den monströsen Sextanten zeigt, wird von einem kleinen Museum ergänzt.
Unser belesener Reiseleiter Dilshod erläutert uns in gutem Deutsch die Zusammenhänge und Probleme
der damaligen Zeit. Er ist ein wunderbarer Geschichten-Erzähler, das beweist er auch beim
Besuch der historischen Papiermanufaktur. Papier wurde hier in Samarkand schon im 8. Jahrhundert
aus Fasern des Maulbeerbaums hergestellt.
Die Zeit vergeht wie im Flug: wir sind schon bei Tag 3, den wir komplett in Samarkand verbringen.
Unser erstes Ziel ist die riesige Moschee
Bibi-Khanum.
Emir Timur, der umstrittene
Nationalheld der Usbeken, ließ die Moschee zu Ehren seiner Lieblingsfrau
»Bibi Chanum« Anfang des 15. Jahrhunderts bauen, nicht zuletzt um seinen unbegrenzten technischen
und finanziellen Mitteln Ausdruck zu verleihen. Diverse Erdbeben haben zwar einen erheblichen Teil
der Gesamtanlage zerstört aber das übrig gebliebene ist immer noch sehr imposant.
Wem es mehr nach Einkaufen zu Mute ist, findet direkt nebenan den Siyab Basar, der mit
einem breiten Sortiment von Gewürzen und Tee über Süßkram bis hin zu Kleidung jeder Art zum
Bummeln einlädt. Erst nach einer guten Stunde ziehen wir weiter zu einem Highlight der Reise,
dem Registan-Platz.
Spätestens hier laufen uns wirklich die Augen über: die drei Medresen, die
den Platz einrahmen sind ca. 40 Meter hoch und eine ist großartiger als die andere. Wir nehmen uns
natürlich Zeit für eine ausführliche Besichtigung und schießen diverse Fotos.
Abends begleitet uns Dilshod noch zu einem bunt beleuchteten Brunnen, der mit herrlichen
Wasserspielen hunderte von Leuten anzieht. Die Gesichter der Einheimischen sind entspannt und
fröhlich, sie scheinen sich in ihrem Land wirklich wohl zu fühlen.
Und schon verlassen wir Samarkand und machen uns auf den Weg nach Buchara. Den ersten Stopp auf
der gut 250 km langen Busfahrt machen wir in einem kleinen Dorf, wo wir sofort von Kindern
und Müttern umringt sind, die uns ihre Handarbeiten zum Kauf anbieten.
Hier bekommen wir einen glaubwürdigen Einblick in das Leben auf dem Lande, das sich (wie
nicht anders zu erwarten) enorm vom Stadtleben unterscheidet. Lehmhäuser ohne fließendes
Wasser und Heizung sind gang und gäbe - die zur Sowjetzeit kostenfreie Gasversorgung wurde
eingestellt, geheizt und gekocht wird mit Mistkugeln. Die Menschen machen trotzdem einen
lebensfrohen Eindruck, wie sie sich aber wirklich fühlen, erfahren wir vermutlich nicht.
Den zweiten Stopp legen wir in
Shahrisabz
ein, der Geburtstadt von Emir Timur. Bei ca. 35 Grad im Schatten (den wir meist vergeblich
suchen) spazieren wir durch die gerade im Bau befindlichen Parkanlagen und sehen uns einige
Highlights der Stadt, wie den "weißen Palast" Oq Saroy und die Amir-Timur-Statue
an. Die alten, kleinen Häuser in der Umgebung des Parks werden gerade systematisch platt
gemacht und weichen weiteren Park- sowie modernen Wohnanlagen. Die Bewohner werden kostenfrei
umgesiedelt. Das sieht aus unseren Augen nach einer positiven Entwicklung aus.
Nach einer weiteren Etappe im Bus erreichen wir an Spätnachmittag
Buchara. Die quirlige Stadt,
deren alter Kern zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, empfängt uns mit volksfest-ähnlicher
Stimmung. Nach dem Abendessen flanieren wir durch die Straßen und trinken zum Abschluß ein
leckeres Bierchen am zentralen Wasserreservoir "Labi Hauz", das wundervoll beleuchtet ist. Buchara bietet solch eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten, dass wir den nächsten Tag nur hier
zubringen. Beim Stadtrundgang besichtigen wir verschiedene Mausoleen, die
Ark-Zitadelle, die
Bolo Hauz Moschee und den Poi-Kalon-Komplex mit der Kalon-Moschee, deren 46 Meter hohes
Minarett das Wahrzeichen der Stadt bildet. Es ist einfach so fantastisch hier, dass keine
Sättigungseffekte auftreten, obwohl wir uns eigentlich immer wieder Moscheen und Koranschulen
ansehen. Die Handelsgewölbe, in denen neben Kleidung und Schmuck auch jede Menge Souvenirs
angeboten werden, runden die Tour ab. Hier statten wir auch einem lokalen Teppichhändler einen
Besuch ab, der Pflichtteil einer jeden Orient-Reise.
Das Abendessen genießen wir heute in der Medrese Nadir Devon Begi, einer früheren
Karawanserei, wo wir mit einer Folklore-Vorführung und einer Modenschau bespaßt werden. Die
Reiseleitung lässt einfach keine Wünsche offen.
Morgens drauf sehen wir uns die Chor-Minor-Moschee, die sich, allen Informationen nach,
am indischen Taj Mahal orientieren soll - nun ja, hübsch ist sie jedenfalls auch.
Nach einem Besuch der Sommerresidenz Sitorai Mohi Hosa setzen wir uns in den Bus und
starten Richtung Chiwa.
Die gut 450 km lange Strecke führt zu einem Großteil durch die Wüste Kizilkum.
Auch wenn hier noch der eine oder andere Busch wächst, so beeindruckt uns die lebensfeindliche Umgebung
doch sehr.
Erst abends erreichen wir die Oasenstadt
Chiwa und vertreten uns die Füße bei einem
Spaziergang durch das langsam in der Dämmerung versinkende Museums-Areal. Die über 2500 Jahre
alte Ansiedlung, direkt an der Seidenstraße, erschließt sich in ihrer ganzen Pracht aber
erst am nächsten Tag.
Nach einigen geführten Besichtigungen schlendern wir gemeinsam mit
einer Vielzahl von Touristen durch die autofreien Straßen und Gassen und lassen die
wunderbare Architektur auf uns wirken, erwerben das eine oder andere Souvenir und treffen
uns erst abends wieder bei einem gemütlichen Essen in einem kleinen Restaurant.
Und da kommt es auch schon - das abruppte Ende unserer Reise. Nach dem Essen fahren wir zum
Flughafen in Urgench und nehmen die 21-Uhr-Maschine nach Taschkent, dem Ausgangspunkt der
Tour. Gegen Mitternacht sind wir im Hotel, das wir nach knapp 4 Stunden Schlaf und
einem kurzen Frühstück bereits um 5 Uhr wieder verlassen und den Flughafen erneut ansteuern. Nach
einer Zwischenlandung in Istanbul, bei der wir 4 Stunden Aufenthalt haben, können wir uns
ausgiebig von unseren lieb gewonnenen Reisegefährten verabschieden. Es war ein anstrengender
aber auch sehr schöner Intensiv-Urlaub.
Unser Fazit
Usbekistan ist, neben der Türkei, das einzige islamische Land das wir bisher besucht haben. Nachdem
man aus den Nachrichten derzeit fast nur negative Geschichten von radikalen Islamisten hört und
sieht, war das eine sehr positive Erfahung - die hatten wir zwar schon irgendwie erwartet, aber
die Besätigung hatte uns noch gefehlt. Land und Leute waren uns sehr sympathisch. Wir kamen uns
jederzeit sicher und gut aufgehoben vor, was bestimmt auch ein Verdienst unseres engagierten
Leaders Dilshod war. Also: eine klare Empfehlung.
----------- [1]
Die Zollabfertigung umfasst eine Erklärung der eingeführten Waren und Sorten (Bargeld). Diese muss
in doppelter Ausführung bei der Einreise vorgezeigt und abgestempelt werden. Ein Exemplar muss dann
aufbewahrt und bei der Ausreise durch ein weiteres Formular ergänzt werden, auf dem die ausgeführten
Waren und Sorten erklärt werden. So will man wohl erkennen, wieviel Geld im Land bleibt.